NULLFÜNFER
von Jens Bucher

Seit 10 Jahren ist Mainz 05 klimaneutraler Verein und Vorreiter im Bereich Klimaschutz und Umweltbildung. In der aktuellen Oktober-Ausgabe des NULLFÜNFER erzählt Jens Bucher von der Sozialen Stadtimkerei, wie es zur Zusammenarbeit mit den Rot-Weißen kam.
Hier kommt das ganze Interview:
Mainz 05: Können Sie einen Jahreskreislauf eines Bienenvolks bitte einmal schildern?
Bucher: Aktuell (Mitte / Ende Oktober) ist das Bienenvolk zur Ruhe gekommen und bereitet sich auf die Winterruhe vor. Jedes Volk wurde aufgefüttert und gegen die Varroamilbe, einen Parasiten, der den Bienen großen Schaden zufügen kann, behandelt. Vor wenigen Wochen hat die Königin vermehrt Jungbienen erzeugt, die sogenannten Winterbienen. Sie haben eine wesentlich längere Lebensdauer als die Sommerbienen und bringen die Königin durch den Winter. Wenn es kälter wird ziehen sich die Bienen zur Wintertraube zusammen und wärmen sich gegenseitig.
Erst im Vorfrühling ab einer Außentemperatur von ca. 12 Grad beginnen die Bienen wieder zu fliegen. Die Königin beginnt mit der ersten Tracht allmählich wieder mit der Eiablage, die Bienen fangen vermehrt an zu bauen und die Volksentwicklung steigt. Im April und Mai kann die Königin täglich etwa 2.000 Eier legen, das Volk explodiert förmlich. Der Imker kann Ende Mai das erste Mal Honig ernten, Völker teilen um Ablegervölker zu machen, usw. Es ist die intensivste und auch die schönste Zeit für uns. Ende Juni ist der Höhepunkt der Volksentwicklung erreicht, ein Bienenvolk wächst auf bis zu 50.000 Bienen an. Oft kann man nun das zweite Mal Honig ernten. Ende Juli endet für Bienen das ganz große Trachtangebot und der Imker bereitet nach und nach das Bienenvolk auf die kältere Jahreshälfte vor.
Mainz 05: Was macht Bienen so umweltfreundlich?
Bucher: Was macht einen Vogel umweltfreundlich oder einen Fisch? Umweltfreundlich bedeutet für mich in etwa „ ..die natürliche Umwelt nicht übermäßig belastend“. Davon kann bei Bienen keine Rede sein. Vielleicht eher „Was macht Bienen so unersetzbar? Oder wertvoll?“ Bienen gelten als drittwichtigstes Nutztier weltweit. 80 Prozent aller heimischen Blütenpflanzen sind auf die Bestäubung durch verschiedenste Insekten wie der Honigbiene angewiesen. Ein Drittel der weltweiten Nahrungsproduktion hängt direkt oder indirekt von der Arbeit der Bienen ab. Dazu zählen Wildpflanzen und viele Kulturpflanzen wie Ackerbohnen, Tomaten, Kürbis, Brokkoli, Gurken, Kirschen, Marillen, Äpfel, Birnen, Pflaumen, Beeren, Raps, Kaffee und unzählige mehr. Die Bienen sind also elementar für das ökologische Gleichgewicht der Erde.
Mainz 05: Warum spricht man von „fleißigen“ Bienen?
Bucher: Eine einzelne Sammelbiene absolviert bei einem guten Trachtangebot gerade mal 10 Flüge pro Tag. Das klingt nicht wirklich nach Bienenfleiß. Die große Stärke der Bienen liegt im Teamwork und im Kollektiv. 50.000 Bienen müssen sich koordinieren, unterschiedlichste Aufgaben erledigen, die Königin versorgen und vieles mehr. Es ist eine immense Leistung, die das Volk vollbringt. Für 1 Gramm Nektar müssen die Bienen 20-mal fliegen, für 5kg also 100.000-mal.
Mainz 05: Was ist das Besondere am Standort OPEL ARENA? Wieso wurde er ausgewählt? Wie viele Bienen gehören ca. zum Volk an der Arena? Warum schmeckt der Honig hier besonders gut?
Bucher: Ein bisschen liegt es daran, dass ich selbst Fan der 05er bin und mich mit dem Verein sehr verbunden fühle. Bienen und Bundesliga passt zudem sehr gut. Der FC St. Pauli hat es vorgemacht, seit Jahren produzieren die Hanseaten Ewald-Bienen-Honig (allein der Name ist Extraklasse). 2017 bin ich auf den Verein zugegangen und war mir mit Stefanie Reuter und Stephan Bandholz gleich einig, dass wir das gemeinsam machen wollen. Ich finde Mainz 05 hat ohnehin durch Aktionen wie „klimaneutraler Verein“, „Mit dem Rad ins Stadion“, etc. eine Vorreiterrolle in der Bundesliga, die durch die Völker der Sozialen Stadtimkerei wunderbar ergänzt wird.
Dass der Standort OPEL ARENA sich sehr gut für die Bienenhaltung eignet, sehen wir am Eintrag von Honig und Pollen und natürlich an unseren gesunden und starken Völkern. Die Nähe zu den Bretzenheimer Kleingärten, den Draiser und Gonsenheimer Obstfeldern, einem Friedhof und zahlreichen Randbegrünungen sorgen für einen sehr aromatischen Mischblütenhonig. An der OPEL ARENA stehen derzeit sieben Bienenvölker, Ende Juni sind auf diesem Flecken also mehr Bienen als Mainz Einwohner hat.
Mainz 05: Welche Mission verfolgt die Soziale Stadtimkerei Mainz?
Bucher: Wir sind in erster Linie ein soziales Projekt, das Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen zusammenbringt. Das ist auch unser Anspruch, es geht also immer auch um Aktivierung, soziale Teilhabe und Entstigmatisierung von Menschen mit Beeinträchtigungen.
Die Projektträgerin, die gpe - Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen - Mainz engagiert sich schon seit über 20 Jahren in sehr unterschiedlichen Bereichen der beruflichen Rehabilitation und der Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen.
Darüber hinaus sind wir längst ein Naturschutz- und Umweltbildungsprojekt geworden. In diese Rolle sind wir hineingewachsen. Unsere Mission ist es Menschen rund um das Thema „Bienen“ zu sensibilisieren und für diese wunderbaren Tiere zu begeistern. Wir machen Workshops zu unterschiedlichsten Themen (etwa auch beim 05er KidsClub), legen Blühflächen für Wildbienen und andere Insekten an, bauen Nisthilfen, vernetzen uns mit unterschiedlichsten Vereinen und Institutionen.
Darüber hinaus sind wir stolze Lebensmittelproduzenten und machen einfach einen sauleckeren Honig. 2019 wurden wir für unser Engagement als UN-Dekade Projekt „Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet.